english Versionvom 3.-6.Juni 2010
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Der Preis/Die Jury Die Nominierungen Die Gala Die Preisträger seit 1984

Preisträger

Salleck Publications und Carlsen Comics für ihre Will Eisner-Ausgaben
„Die Spirit Archive“ (Salleck Publications) und „Ein Vertrag mit Gott. Mietshausgeschichten“ (Carlsen Comics)

In seiner über 100-jährigen Geschichte hat der Comic zuweilen Meisterwerke hervorgebracht, die wegen ihrer herausragenden Zeichenartistik, ihres Themas oder ihrer visionären Innovation als Meilensteine der Neunten Kunst unvergessen sind. Da der Blick der Jury in erster Linie aktuellen Werken gilt, sollen mit dem diesjährigen Spezialpreis expressis verbis zwei Neueditionen der Klassiker eines Künstlers gewürdigt werden, der schon 1994 für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde.

Der vor fünf Jahren verstorbene Will Eisner war der Erste seiner Zunft, der den Comic als gezeichnete Literatur verstand und bereits in den 1940er-Jahren in seiner Serie „The Spirit“ Sujets und eine Erzählhaltung erprobte, die sich deutlich von der damals üblichen Unterhaltungsware absetzten. „Schon zu dieser Zeit war ich davon überzeugt“, erinnerte er sich später, „dass der Comic über ein literarisches Potenzial verfügt.“ Als er seine Auffassung jedoch 1939 in einem Interview mit der „Baltimore Sun“ kundtat, erntete er nichts als Spott, selbst von seinen Kollegen. Doch Eisner ließ sich nicht entmutigen und nutzte „The Spirit“ für sich als Experimentierfeld für neue Formen des grafischen Erzählens. Und vor allem für Inhalte und Themen, „die mehr in die Tiefe gehen, als das bislang der Fall gewesen war“. Schon bald erschien „The Spirit“ in 20 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von fünf Millionen Exemplaren und gilt heute als einer der aufregendsten Klassiker der Comic-Historie, in dem sich anschaulich nachvollziehen lässt, wie der Comic – als Vision eines einzelnen Zeichners, der damals mit seiner Ansicht völlig allein dastand – zu einer ernsthaften Erzählform reifte. Der Verlag Salleck Publications hat die dankenswerte Aufgabe einer erstmals vollständigen Ausgabe in deutscher Übersetzung übernommen, die schlussendlich einmal 26 Bände umfassen soll.

Eisners Comic-Romane über den Alltag in den New Yorker Mietskasernen während der Depressionsjahre hingegen – allen voran der moderne Klassiker „Ein Vertrag mit Gott“, der 1978 als erster Comic überhaupt als „graphic novel“ bezeichnet wurde – erscheinen in drei voluminösen Büchern neu bei Carlsen. Über allen Werken aus Eisners zweiter Schaffensphase schwebt eine Anmerkung wie ein Credo, mit der er schon sein Vorwort für „Ein Vertrag mit Gott“ eröffnet hat: „Die in diesem Band versammelten Erzählungen sind dem endlosen Strom von Alltagsereignissen entsprungen, wie sie für das Leben im Gewimmel einer Großstadt typisch sind. Einige haben sich tatsächlich so zugetragen. Andere hätten sich zumindest so zutragen können, wie ich sie aufgezeichnet habe.“ Eisners Graphic Novels sind meisterhaft beobachtete, kluge und zutiefst einfühlsame Blicke in die Abgründe menschlicher Existenz unter den Bedingungen urbaner Lebensverhältnisse, wahrhaft zeitlose Klassiker, die heute weder ihre Aktualität eingebüßt noch an erzählerischer Glut und Faszination verloren haben.

Im Olymp der Comic-Künstler nimmt Will Eisner seinen verdienten Platz bis heute in der vordersten Reihe ein. In Deutschland ist sein Werk bislang jedoch nur lückenhaft erschienen und viele Ausgaben sind lange vergriffen. Mit dem diesjährigen Spezialpreis möchte die Jury – stellvertretend für eine Vielzahl verdienstvoller Klassiker-Ausgaben in den letzten Jahren – das Engagement der Verlage Salleck Publications und Carlsen Comics honorieren, Eisners Schlüsselwerke in zwei herausragenden Editionen auch einem deutschen Publikum wieder zugänglich zu machen und ihre Entdeckung somit auch einer neuen Generation von Zeichnern und Interessierten zu ermöglichen.

Laudatio:
Will Eisner (1917–2005) hat für den Comic Epoche gemacht, und das gleich in dreierlei Hinsicht. Indem er mit der Seitenarchitektur experimentierte, verlieh er als einer der seinerzeit ersten Produzenten für die US-amerikanischen Verlage dem noch in den Kinderschuhen steckenden Comic-Heft ab 1937 eine eigene Ästhetik, die sich deutlich von der der Zeitungsstrips absetzte. Nur wenig später entdeckte er im Comic das Potenzial für eine gänzlich neue literarische Ausdrucksform – allerdings stand er mit dieser Meinung zunächst allein da und wurde verlacht. Doch mit seiner Serie „The Spirit“ (1940–1952) trat er schon bald den Beweis an, dass sich im Comic auch ganz andere Geschichten erzählen lassen, als es bislang Usus war. Damit emanzipierte Eisner die Gattung von ihrem Image als Blasenfutter für Pubertierende. Und 1978 schließlich legte er mit „Ein Vertrag mit Gott“ überraschend eine Sammlung von New Yorker Erzählungen aus den Depressionsjahren vor, die er erstmals mit der Bezeichnung „graphic novel“ labelte und der weitere Comic-Romane über die Abgründe der menschlichen Existenz unter den Bedingungen urbaner Lebensverhältnisse folgten. „Ein Vertrag mit Gott“ wurde zu einem Meilenstein, mit dem er eine völlig neue Erzählhaltung begründet hat. 1994 hat Will Eisner den Max und Moritz-Preis für sein Lebenswerk erhalten. Sein „Spirit“ wird vollständig und originalgetreu erstmals in deutscher Übersetzung von Salleck Publications in 26 Bänden aufgelegt, seine Graphic Novels erscheinen als Neueditionen bei Carlsen.

 

Sonderpreis für ein herausragendes Lebenswerk

Pierre Christin

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Bester deutschsprachiger Comic-Künstler

Nicolas Mahler

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Bester Comic-Strip

„Prototyp“ / „Archetyp“ von Ralf König (Frankfurter Allgemeine Zeitung / Rowohlt Verlag)

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Bester deutschsprachiger Comic

„Alpha. Directions“ von Jens Harder (Carlsen Comics)

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Bester internationaler Comic

„Pinocchio“ von Winshluss (avant-verlag)

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Bester Comic für Kinder

„Such dir was aus, aber beeil dich! Kindsein in zehn Kapiteln“ von Nadia Budde (S. Fischer Verlag)

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Spezialpreis der Jury

Salleck Publications und Carlsen Comics für ihre Will Eisner-Ausgaben
„Die Spirit Archive“ (Salleck Publications) und „Ein Vertrag mit Gott. Mietshausgeschichten“ (Carlsen Comics)

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Sonderpreis für eine studentische Comic-Publikation


„Strichnin“ von der Hochschule Augsburg / Fakultät für Gestaltung

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Publikumspreis

„Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“ von Ulli Lust (avant-verlag / electrocomics)

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Nominierungen für den Max und Moritz-Preis 2010

„Alpha. Directions“ von Jens Harder (Carlsen Comics)

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„Bäche und Flüsse“ von Pascal Rabaté (Reprodukt)

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„Drei Schatten“ von Cyril Pedrosa (Reprodukt)

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„Ein neues Land“ von Shaun Tan (Carlsen Comics)

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„Engelmann. Der gefallene Engel“ von Nicolas Mahler (Carlsen Comics)

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„Freche Mädchen – freche Manga. Handykuss und Liebesrätsel“ von Bianka Minte-König und Inga Steinmetz (Tokyopop)

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„Gift“ von Peer Meter und Barbara Yelin (Reprodukt)

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„Hector Umbra” von Uli Oesterle (Carlsen Comics / Edition 52)

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„Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“ von Ulli Lust (avant-verlag / electrocomics)

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„Ikkyu“ von Hisashi Sakaguchi (Carlsen Manga)

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„Kirihito“ von Osamu Tezuka (Carlsen Manga)

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„Liō“ von Mark Tatulli (Bulls Press)

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„Louis am Strand“ von Guy Delisle (Reprodukt)

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„Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen“ von Jean Regnaud und Émile Bravo (Carlsen Comics)

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„Orange“ von Benjamin (Tokyopop)

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„Pinocchio“ von Winshluss (avant-verlag)

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„Prototyp“ / „Archetyp“ von Ralf König (Frankfurter Allgemeine Zeitung / Rowohlt Verlag)

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„Spirou & Fantasio Spezial. Porträt eines Helden als junger Tor“ von Émile Bravo (Carlsen Comics)

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„Such dir was aus, aber beeil dich! Kindsein in zehn Kapiteln“ von Nadia Budde (S. Fischer Verlag)

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„Das variable Kalendarium“ von Kat Menschik (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

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