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Und das Wort ist Bild geworden
Über die Comics und das Religiöse 3. bis 6. Juni 2010 Öffnungszeiten: Do 12–19, Fr/Sa 10–19, So 10–18 Uhr Neustädter Universitätskirche
Sie liegen gern nebeneinander im Bett und jeder liest das Buch des anderen: Jesus den Koran, Mohammed die Bibel. Dann tauschen sie sich friedlich aus, oft entgeistert über die Missverständnisse, die ihre Anhänger aus diesen Büchern ziehen – bis hin zu Mord und Totschlag. Unter der Internetadresse „jesusandmo.net“ findet sich der interreligiöse Comic-Strip „Jesus and Mo“, der aktuelle Ereignisse der Konfessionen kommentiert und pointiert auf die menschlichen Nöte mit den Religionen eingeht.
Klickt man die Adresse „buddhanet.net/comics.htm“ an, stößt man auf einen geradezu niedlich gezeichneten Buddha, der in Sprechblasen über die Essenz seiner Lehre informiert. Versucht man es dagegen bei „chick-gospel.de“, kann man 16-seitige Comic-Hefte im Piccolo-Format öffnen, die alle nur eine Botschaft haben: Wenn du jetzt nicht sofort niederfällst und zu Christus betest, wirst du unweigerlich in der Hölle brennen! Chick-Gospel ist eine fundamentalistische Missionsagentur.
Gott ist nicht tot, die Götter sind es auch nicht. In den Diskursen der Welt sind sie so lebendig wie lange nicht. Auch im Diskurs der Comics zeigen sie eine auffällige Präsenz – und das nicht nur im Internet. Wenn der einst lästerliche Underground-Meister Robert Crumb die Genesis als erstes Buch der Bibel mit devoter Textgenauigkeit in Bilder setzt, auf denen höchstens mal ein nackter Busen den letzten keuschen Asketen in Empörung treiben könnte, dann bezeugt das doch die Virulenz des uralten Stoffes. Wenn der eigentlich ganz private Zeichner Ralf König sich plötzlich mit Sündenfall, Sintflut und dem Religionsstifter Paulus auseinandersetzt, muss ihn die Nachhaltigkeit der biblischen Geschichten in aktuelle Unruhe versetzen. Schließlich kann auch ein gezeichnetes Titanic-Cover zum Schändungsskandal der katholischen Kirche noch Proteste stimulieren und Strafanzeigen motivieren.
Hat der neue Boom des Religiösen im Medium der grafischen Erzählung mit dem Streit um die Mohammed-Karikaturen begonnen? Eigentlich nicht. Eigentlich war der Kontakt zwischen Religion und Comics kaum je unterbrochen, seit Wilhelm Busch den Heiligen Antonius von Padua und die Fromme Helene auf die Feder gespießt hat. In seinem gezeichneten Dschungel wurde Tarzan mit Urwaldgöttinnen und Menschenopfern für Stammesgötzen konfrontiert. Das Phantom hat sich über Generationen den Ruf eines guten Geistes bewahrt. Als moderner Schutzengel wurde Superman etabliert. Sogar Walt Disney, der die Finger von allem Heiklen wie Sex oder Frömmigkeit ließ, konnte nicht verhindern, dass Donald Duck in einigen Abenteuern mit Tempeln und religiösen Ritualen in Verbindung kam. In „Asterix“ gehört schließlich ein Priester (der Druide Miraculix) zum zentralen Personal und die Götter („Beim Teutates!“) werden unentwegt angerufen.
Zwischen dem Religiösen und den Comics herrscht eine in vielfacher Hinsicht intime Beziehung. Manchmal werden sie von Religionsgemeinschaften schlicht als Predigtmedium genutzt („Die Bibel im Bild“). Manchmal erzählen sie einfach die Geschichten von Heiligen (Hal Foster: „Das Lied von Bernadette“) oder Religionsstiftern (Osamu Tezuka: „Buddha“) nach. Mit den Superhelden bedienen sie die messianischen Sehnsüchte vieler Menschen. Sie gehen auf modische Tendenzen wie die Fantastereien über apokryphe Schriften („Das Dritte Testament“) oder gnostische Lehren („Das geheime Dreieck“) ein und entwerfen Jenseitswelten, wie es Religionen seit jeher tun („Sandman“, „Salut, Deleuze“). Schließlich behandeln sie auf populäre Weise die religiöse Kernfrage nach Gut und Böse, Satan und Erlöser („Preacher“, „Spawn“, „Hellboy“) und finden Bilder für die Apokalypse („666“).
So ist das Wort, das Bild im Comic wurde, ein faszinierender Untersuchungsgegenstand.
Herbert Heinzelmann
siehe auch Programm / Comic-Podium
Eintritt frei!
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