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Aspekte des Alltags
Der Zeichner und Szenarist Pascal Rabaté 3. bis 6. Juni 2010 Öffnungszeiten: Do 12–19, Fr/Sa 10–19 Uhr, So 10–18 Uhr Salon-Galerie
Eine Geschichte vom Alter, eine Geschichte vom Tod, eine Geschichte von Liebe und Sex unter Menschen mit Falten. Das Album mit dem Alltagstitel „Bäche und Flüsse“ hat in Deutschland endlich auf den französischen Comic-Erzähler Pascal Rabaté aufmerksam gemacht. Er gehört zu den wunderbaren Zeichnern und Szenaristen, die man hierzulande so zögerlich entdeckt. Dabei wird auch in Deutschland deutlich, dass Comics längst nicht mehr Genre-Literatur sind, dass ihr Handlungsrahmen nicht das Abenteuer sein muss oder der Horror, die Zukunft oder das Paralleluniversum der Superhelden. Jetzt erzählen Comics von den Nachbarn, von den bürgerlichen Sorgen zwischen Tag und Traum, vom Leben, wie es täglich gelebt wird. In Frankreich gehört Pascal Rabaté zu den Vorläufern dieses Trends, seit er 1989 und 1990 seine ersten Alben veröffentlicht hat. Zwar gibt er dem Alltag in der ersten Erzählung „Exode“ einen Spannungsrahmen durch den angeblichen Einmarsch der Deutschen im Jahr 1939. Tatsächlich geht es aber um eine Dorfbevölkerung, die bei ihrem Exodus aus Angst nur bis zum nächsten Dorf kommt und dort in Konflikte gerät.
Vor „Bäche und Flüsse“ war deutschsprachig nur die Kurzgeschichte „Allerheiligenwasser“ im Schweizer Magazin „Strapazin“ erschienen. Hier zeigte sich eine der Traditionen, aus denen Rabaté kommt. Wie bei Max Cabanes liegen die trägen Schatten eines französischen Sommers über der Nachbarschaft. Doch bei Rabaté sind die Schattenseiten oft zugespitzt. Seine Bilder tragen gern Spuren des Expressionismus oder öffnen Gassen und Durchblicke in die surrealistische Leere eines Giorgio de Chirico. Stilistisch ist der Zeichner nicht festzulegen, er wechselt Farben, Formen, Techniken, vor allem aber die Gestaltung seiner Charaktere. Meist sind sie aus karikierenden Verdeutlichungen entwickelt. Doch sie verweigern dem Leser die Eindeutigkeiten der Genre-Literatur. Rabaté spielt mit den Erwartungen, führt sie gerne in die Irre der Gewöhnungen. Er lässt es meist anders kommen, als man denkt.
Pascal Rabaté wurde am 13. August 1961 in Tours geboren. Aber sein Lebensmittelpunkt ist Angers. Dort hat er an der École des Beaux-Arts studiert, dort lebt und arbeitet er. Dort kreiert er Geschichten, die, z. B. in Angoulême und Genf, mit Preisen bedacht werden. Im Jahr 2007 hat er in Erlangen das Deutsch-Französische Comic-Zeichner-Seminar geleitet. Sonst aber gilt es ihn hierzulande erst noch zu entdecken. Anderswo ist man spätestens im Jahr 1998 auf ihn aufmerksam geworden, als der erste Band seines umfangreichen Comic-Romans „Ibicus“ erschien. Das ist die formidable Literaturadaption eines Romans von Alexei Tolstoi. In Deutschland kann man den Zeichner mit der Übersetzung des Bandes „Die Plastikmadonna“ als Szenaristen kennenlernen. David Prudhomme hat die Geschichte grafisch gestaltet, in der es wiederum um den Alltag geht, allerdings auch um den Einbruch des Wunderbaren und Überraschenden in den Alltag. Und um die Haken, die das Schicksal einfach so schlägt.
Herbert Heinzelmann
siehe auch Max und Moritz-Preis
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